Projekt TA
Trennungsambivalenz in der Paarberatung
Projektziele
In dieser Studie wurden die Ausprägung, Hintergründe und Funktionen von Trennungsambivalenzen sowie die Anliegen von trennungsambivalenten Paaren und ihre Erwartungen an die Beratung untersucht.
Kooperation
Ehe-, Familien- und Lebensberatung der Erzdiözese München Freising
Projektteam
Projektleitung: | Dr. Mirjam Lorenz |
Wissenschaftliche Beratung: | Dr. Joachim Engl, Dr. Franz Thurmaier |
Projektmitarbeit: | Dr. Sandra Hensel, Margret Schlierf |
Projektdesign und Verlauf
Im Anschluss an eine onlinebasierte wissenschaftliche Erhebung (Hensel, 2017), bei der sich zeigte, dass der Anteil der „trennungsambivalenten“ Klient*innen in der Eheberatung bei knapp 40 % lag, konzipierte das Institut für Kommunikationstherapie in enger Kooperation mit der Ehe-, Familien- und Lebensberatung der Erzdiözese München und Freising unter der Projektleitung von Dr. Mirjam Lorenz im Jahr 2019 eine Nachfolgestudie mit dem Fokus „Trennungsambivalenz in der Paarberatung“.
Der Erhebungszeitraum war Januar - September 2020.
Stichprobe und Erhebungsinstrumente
102 Paare nahmen an der Erhebung teil. Davon konnten 92 Paare mit vollständigem Datensatz in die Stichprobe aufgenommen werden. Folgende Erhebungsinstrumente wurden eingesetzt:
- Fragebogen zum Beratungsanliegen
- Fragebogen zu den Erwartungen an den/die Paarberater*in
- Fragebogen zur Trennungsambivalenz
- OPD-Konfliktfragebogen (Subskala „Individuation vs. Abhängigkeit“, Benecke et al., 2018)
- Bochumer Bindungsfragebogen (Neumann et al., 2007)
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse
Anliegen und Erwartungen an die Beratung
Häufigstes Anliegen war es, eine Verbesserung im Bereich „Kommunikation und Verständnis“ zu erzielen. Häufigste Erwartungen waren „Beziehungshilfe“ (d.h. Hilfe, um in Austausch zu kommen, um zu verstehen was zwischen ihnen passiert sowie Rückmeldungen über Eindrücke) und „Partnerbezogene Hilfe“ (d.h. dass dem/der Partner*in dabei geholfen wird, sich selbst besser zu verstehen, Gefühle besser auszudrücken und etwas zu verändern). Insgesamt hatten Frauen höhere Erwartungen an die Beratung als Männer.
Trennungsambivalenzen in Verbindung mit Anliegen und Erwartungen an die Beratung
45,3 % der Befragten schlossen eine Trennung nicht aus, 40,8% gaben an, häufig oder sehr oft an eine Trennung zu denken (42,9 % und 38,8 % in der OFB-Studie).
Dabei waren Frauen insgesamt deutlich trennungsambivalenter. 14,1 % der Ratsuchenden waren in einem „angelaufenen Trennungsprozess“ (d.h. häufig oder sehr oft Gedanken an Trennung, aber nie oder selten Gedanken an konkrete Schritte).
26,7 % waren in einem „fortgeschrittenen Trennungsprozess“ (häufig oder sehr oft Gedanken an Trennung und häufig oder sehr oft Gedanken an konkrete Schritte).
In der vorausgegangenen OFB-Studie waren das nur 19,4 % (Hensel, 2017).
Klient*innen in einem fortgeschrittenen Trennungsprozess hatten deutlich mehr Anliegen an die Beratung und höhere Erwartungen an den/die Berater*in. Sie wollten deutlich häufiger einen letzten Rettungsversuch für die Beziehung unternehmen. Zusätzlich erhofften sie sich mehr Empathie und mehr Hilfe bei der Trennungsentscheidung von ihrem/ihrer Paarberater*in.
Was die Motivation, in der Beratung über ihre Trennungsgedanken zu sprechen, betraf, gaben die meisten an, dem/der Partner*in ihr Unglück klarmachen und auf die Notwenigkeit einer Veränderung hinweisen zu wollen (69,4 %). Des Weiteren wurde auch „Reaktion auf eine Verletzung“ relativ häufig als Grund genannt (30,6 %), während „den/die Partner*in auf eine Trennung vorbereiten“ verhältnismäßig selten angegeben wurde (14,4 %).
Trennungsambivalenz in Zusammenhang mit dem Konflikt zwischen Individuation und Abhängigkeit und dem Bindungsstil
In Bezug auf den Zusammenhang zwischen Trennungsambivalenz und der Bewältigungsform des Individuations-Abhängigkeitskonflikt zeigte sich, dass Klient*innen mit höheren Ausprägungen des passiven Bewältigungsmodus (d.h. abhängigere Klient*innen) eher weniger Trennungsgedanken bzw. Trennungsambivalenzen berichteten (negativer Zusammenhang zwischen passiven Bewältigungsmodus und Trennungsambivalenz).
Was die Qualität der partnerschaftlichen Bindung in Verbindung mit Trennungsambivalenz betraf, zeigte sich ein mittelstarker Zusammenhang zwischen Bindungsvermeidung und Trennungsgedanken der Ratsuchenden.
Je mehr bindungsbezogene Angst und Bindungsvermeidung die Ratsuchenden berichteten, desto mehr Anliegen hatten sie an die Beratung. Im Falle von Angst (im Sinne von Angst vor Beziehungsverlust) zeigte sich ein Zusammenhang mit dem Wunsch, eine Verbesserung im Bereich Nähe und Intimität zu erzielen, während Bindungsvermeidung mit dem Wunsch, einen letzten Rettungsversuch für die Beziehung zu unternehmen, einherging.
Schlussfolgerung und Ausblick
Die Ergebnisse sollen dazu verwendet werden, die Beratung noch passgenauer auf das Klientel zuzuschneiden und die Berater*innen im Umgang mit Trennungsambivalenzen der Ratsuchenden zu unterstützen.
Weitere Informationen
Weitere Informationen zur TA-Studie finden sie im Jahresbericht 2020 der Ehe-, Familien- und Lebensberatung sowie im Jahresbericht 2020 des Instituts für Kommunikationstherapie.
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